• Die drei Merkmale des ultimativen Zustandes

    Eine Erkun­dung von Erleuch­tung auf der posi­ti­ven Sei­te von Spi­ri­tua­li­tät

Eve­lyn Underhill cha­rak­te­ri­siert in ihrem Buch Mys­ti­cism die letz­te Stu­fe auf dem spi­ri­tu­el­len Weg, das Uniti­ve Leben, anhand von drei Haupt­merk­ma­len: „(1) eine voll­stän­di­ge Ver­sen­kung in die Belan­ge des Unend­li­chen […]; (2) das Bewusst­sein, an sei­ner Kraft teil­zu­ha­ben und in sei­ner Auto­ri­tät zu han­deln […]; (3) die Eta­blie­rung des Selbst als ‚Lebens­kraft‘, als Ener­gie­zen­trum, als tat­säch­li­cher Ursprung spi­ri­tu­el­ler Vita­li­tät in ande­ren Men­schen.“ Wenn wir die­se drei Merk­ma­le zusam­men­fas­sen, kön­nen wir viel­leicht ver­ste­hen, war­um Mys­ti­ker die­sen Ort über­haupt als den Gip­fel des spi­ri­tu­el­len Lebens bezeich­nen und ihn auf­su­chen, um sei­ne Gna­den­ga­ben für das Leben nutz­bar zu machen.

Im Fol­gen­den wer­de ich daher, ohne wirk­lich auf Underhill und ihre Ansich­ten ein­zu­ge­hen, eben­falls die­se drei Merk­ma­le (oder zumin­dest ähn­li­che) unter­su­chen – zunächst unter der Über­schrift Die dunk­le Nacht des Wil­lens, ein­schließ­lich einer Zusam­men­fas­sung unse­rer letz­ten Lek­ti­on zur Via Nega­ti­va, dann als Hin­ga­be an die gött­li­che Lee­re und schließ­lich als das Gefühl des Guten, das mit dem Einen ein­her­geht.

Die dunkle Nacht des Willens und ihr Ergebnis

Zusammenfassung der Via Negativa

Der Über­gang in die fünf­te Bewusst­seins­schicht geht ein­her mit der dunk­len Nacht des Wil­lens – das bedeu­tet, dass wir uns voll­stän­dig in das Inter­es­se des abso­lu­ten, in sich ver­sun­ke­nen, selbst-umhüll­ten, nicht-dua­len Mys­te­ri­ums ver­sen­ken, das das Eine ohne ein Zwei­tes ist, und damit auch in die Erfah­rung der Lee­re oder des Nichts, einer so süßen Stil­le, dass sich unse­re Augen vor Wohl­ge­fal­len schlie­ßen und unser Selbst in die­ser Dun­kel­heit ver­schwin­det, in unend­li­che Ruhe und Ent­span­nung, die wie die Gezei­ten alle frü­he­ren For­men am Ufer unse­res Bewusst­seins weg­spü­len und alles Ich, für-Mich, Mein, und durch-Mich sowie die dar­aus resul­tie­ren­den Ver­un­rei­ni­gun­gen einer naht­lo­sen, blan­ken, unun­ter­bro­che­nen Selbst-Ent­hül­lung der Rea­li­tät rei­ni­gen. Wäh­rend die radi­kals­ten For­men der via nega­ti­va wie der frü­he Ther­ava­da-Bud­dhis­mus nur nach die­ser voll­stän­di­gen Ver­nich­tung ver­lan­gen, kon­zen­trie­ren sich die gemä­ßig­te­ren, ein­heits-ori­en­tier­ten Pra­xis­schu­len wie der Yoga der Nicht-Medi­ta­ti­on auf die Fünft­heit, wäh­rend sie zugleich die Schat­ten und Trug­bil­der der Rea­li­tät als Aus­druck des Ulti­ma­ti­ven mit­ent­ste­hen las­sen, das dabei sei­ne eige­ne abso­lu­te Erschei­nung ver­liert, indem es sei­nen ulti­ma­ti­ven Cha­rak­ter in der Beru­hi­gung der ima­gi­nä­ren, abhän­gig-ent­ste­hen­den, selbst­lo­sen und zweck­lo­sen Rea­li­tät in eine wei­te lee­re Stil­le und Beru­hi­gung, so dass schließ­lich – nach einer Pha­se der Anpas­sung an die Ver­nich­tung der Wel­len jeder Rea­li­tät, der Kul­ti­vie­rung einer unter­schei­dungs­lo­sen Lee­re als Norm und der Erkennt­nis der Lee­re aller Daseins-Merk­ma­le – weder Nir­va­na noch Samsa­ra, weder die tran­szen­den­te Lee­re noch die imma­nen­te Rea­li­tät, weder die Unwirk­lich­keit noch der Traum, noch bei­des, noch kei­nes von bei­den exis­tie­ren: Wir haben einen Mit­tel­weg zwi­schen den Extre­men der Leer­heit und Form, des Nir­va­na und Samsa­ra, des Geheim­nis­vol­len und All­täg­li­chen, der Makel­lo­sig­keit und Glück­se­lig­keit geschaf­fen.

Die Via Nega­ti­va inner­halb der Fünft­heit basie­rend auf Asan­ga und Dani­el P. Brown

Wenn wir also über­wie­gend in der Fünft­heit ver­wei­len und dabei die gesam­te Rea­li­tät umar­men, wird die Fünft­heit selbst unwirk­lich und bleibt nur noch als Refle­xi­on und Schim­mern in einer Erfah­rung von „nur Bewusst­sein“ oder einer rei­nen, unbe­rühr­ten, unge­hin­der­ten, von Lee­re durch­drun­ge­nen Geis­tes­ar­tig­keit in ihrem natür­li­chen Zustand völ­li­ger unter­schieds­lo­ser Erlaub­nis der phä­no­me­na­len Wirk­lich­keit, wäh­rend sie para­do­xer­wei­se unver­mengt von ihr bleibt, da sie von ihr nicht zu unter­schei­den ist, und unge­trübt mit der Illu­si­on der Rea­li­tät ver­weilt, wäh­rend sie unbe­streit­bar naht­los eins mit ihr in ihrer Nicht-Exis­tenz ist – ihrer ima­gi­nä­ren, abhän­gig-ent­stan­de­nen, zen­trum­lo­sen, letzt­lich unwirk­li­chen Seins­wei­se.

Die Via Positiva

Der glei­che Grad an Ver­ei­ni­gung kommt zum Tra­gen, wenn wir uns ihr von der via posi­ti­va-Sei­te nähern, doch die Leer­heit tritt in den Hin­ter­grund und die Glück­se­lig­keit und Lie­be des Gefühls­be­wusst­seins tritt in den Vor­der­grund – wodurch die Leer­heit oft zu einer Art Gött­li­chem wird. Der per­si­sche Mys­ti­ker und Dich­ter Rumi aus dem 13. Jahr­hun­dert, bekannt für sei­ne tie­fen spi­ri­tu­el­len Ver­se, die die gött­li­che Lie­be und die Ver­ei­ni­gung mit dem Abso­lu­ten erfor­schen, for­mu­lier­te dies in sei­nem Gedicht Was­ser und Wein:

„Mit Dei­ner süßen See­le hat sich die mei­ne ver­mischt,
wie Was­ser mit dem Wein.
Wer kann Was­ser und Wein mehr tren­nen,
oder mich und Dich, wenn wir ver­eint sind?

„Du bist mein grö­ße­res Selbst gewor­den;
klei­ne Gren­zen kön­nen mich nicht mehr hal­ten.
Du hast mein Wesen auf Dich genom­men –
soll­te ich nicht auch das Dei­ne tra­gen?

„Du hast mich für immer bejaht,
damit ich Dich ewig als den Mei­nen erken­ne.
Dei­ne Lie­be hat mich durch­drun­gen,
mit Seh­ne und Nerv ver­wo­ben.

„Ich ruhe wie eine Flö­te an Dei­nen Lip­pen,
wie eine Lau­te leh­ne ich an Dei­ner Brust.
Atme tief in mich – und ich wer­de seuf­zen;
doch berüh­re mei­ne Sai­ten – und Trä­nen glän­zen.“

Durch die dunkle Nacht

Die­se ande­re Sei­te der Erleuch­tung, die der Imma­nenz, kommt glei­cher­ma­ßen zum Tra­gen, wenn wir durch die dunk­le Nacht des Wil­lens gehen – jedoch nicht in ers­ter Linie in der Lee­re ver­wei­lend, ohne dass die­se die Rea­li­tät so weit ver­wan­delt, dass sie als selbst­stän­dig ver­schwin­det, son­dern indem sie sich in ihrem vier­ten Schritt einem Gefühl der ulti­ma­ti­ven Unwirk­lich­keit ihrer selbst unter­ord­net, das bei­de eins macht, indem es sowohl Imma­nenz als auch Tran­szen­denz aus der Glei­chung her­aus­nimmt und nur eine Null übrig lässt, etwas, das nur als Sym­bo­lis­mus die­ses Nichts exis­tiert – und uns in einem der frü­he­ren Aspek­te des Selbst nie­der­las­sen, wäh­rend das Fünf­te bewusst im Hin­ter­grund und der Aspekt in sei­ner Prä­senz „nicht-hal­tend“ gehal­ten wird, so dass es (das Fünf­te) unse­ren Kör­per, unser Leben, unse­ren Geist oder unse­re See­le kon­ti­nu­ier­lich berührt, durch­dringt und sich mit ihnen ver­mischt, wobei die tat­säch­li­che syn­the­ti­sche Fähig­keit und die ein­heit­li­che Qua­li­tät, die durch jede vier­te Stu­fe in einer Schicht erzeugt wird, zu einem Instru­ment (Innen­per­spek­ti­ve) oder uni­ver­sel­len Ort (Außen­per­spek­ti­ve) für das gro­ße Geheim­nis, das Gött­li­che oder die leben­di­ge Lee­re wird, um sich aus­zu­drü­cken und auf eine Wei­se zu ent­ste­hen, die es unse­rer geschätz­ten Seins­wei­se (Kör­per, Leben, Geist, oder See­le) und den Illu­sio­nen und Trug­bil­dern, an denen wir hän­gen, ermög­licht, sich unge­hin­dert ent­fal­ten zu kön­nen als das traum­haf­te Wun­der und die mit­füh­len­de Weis­heit einer Rea­li­tät, die mit jenem ulti­ma­ti­ven Gefühl des Stau­nens und der sich-selbst-befrei­en­den Lie­be und Frei­heit ver­schmol­zen ist, das wir in uns beher­ber­gen und durch uns leben las­sen.

Von der Verlobung zur Ehe

Im Chris­ten­tum fin­den wir an die­ser Stel­le den Über­gang von der geis­ti­gen Ver­lo­bung zur geis­ti­gen Ehe. In der geis­ti­gen Ver­lo­bung ist noch eine Anstren­gung erfor­der­lich, um bei Gott zu blei­ben. Die Bezie­hung ist her­ge­stellt, und wir sind dem Gött­li­chen ver­spro­chen, doch wie „Ver­lob­te“ sind wir nicht ver­eint und für immer eins; folg­lich müs­sen wir uns zunächst von den Anhaf­tun­gen an Illu­mi­na­tio­nen (d.h., visio­nä­re, spi­ri­tu­el­le Ein­sich­ten) und dem Kon­troll­ge­fühl rei­ni­gen, die wir inner­halb der Viert­heit haben, wo wir selbst das syn­the­ti­sche Prin­zip oder der uni­ver­sel­le Ort sind, iden­ti­fi­ziert mit dem Zustand, der eins ist mit Gott, wie wir ihn schein­bar selbst schaf­fen, um ihn zu besit­zen und Gott mit Anstren­gung bei uns zu hal­ten und so zu dem Ort zu gelan­gen, an dem, so der hei­li­ge Johan­nes vom Kreuz, „die See­le […] sich ganz Gott hin­gibt und Gott sich eben­so ganz der See­le hin­gibt, in voll­kom­me­ner gegen­sei­ti­ger Besitz“.

Wenn wir die Lee­re nicht als Ort unse­rer „Iden­ti­tät“ haben – was im stren­gen Sin­ne ohne­hin nicht mög­lich ist, da sie in gewis­ser Wei­se nicht exis­tiert, son­dern nur als bestän­di­ge und kon­ti­nu­ier­li­che Selbst­ent­lee­rung der Rea­li­tät vor­han­den ist, als ihr Auf­hö­ren, in das gött­li­che Geheim­nis und die Ent­fal­tung des­sen, was jen­seits des mensch­li­chen Bewusst­seins und der Natur schlum­mert –, son­dern sie durch die­se Rea­li­tä­ten hin­durch­schei­nen las­sen, dann kann sie sich wie ein leich­ter Schlei­er anfüh­len, wie der sanf­te Hauch von Sehn­suchts­we­hen eines ande­ren Lebens und das lei­se Dahin­glei­ten der Lee­re, ein Schim­mern der Dun­kel­heit im Strah­len der Koro­na einer Son­nen­fins­ter­nis, hin­ter der, auf deren ande­rer Sei­te, nicht nur Ver­nich­tung und Tod war­ten, son­dern die voll­stän­di­ge Ver­schmel­zung mit Gott. Der sei­de­ne Vor­hang, die sanf­te Berüh­rung, die makel­lo­se Strahl­kraft, auf die wir uns mit unse­rem Kör­per, unse­rem Leben und unse­rem Geist ein­stim­men, hüllt sich in ein Kos­tüm gewo­ben aus unse­ren Grund­emo­tio­nen, die jede Schicht aus­ma­chen – so dass wir in der Erst­heit nach dem Gött­li­chen in allem dürs­ten und Ehr­furcht vor der uner­gründ­li­chen Natur des Gött­li­chen emp­fin­den kön­nen, wäh­rend wir in der Zweit­heit in den Trä­nen unse­rer Sehn­sucht nach dem gött­li­chen Leben zer­flie­ßen und das hei­li­ge Schwert der Kraft in uns auf­stei­gen spü­ren –, und ist uns so immer gegen­wär­tig und eine all­um­fas­sen­de Begleit­erschei­nung und Beklei­dung unse­rer Ver­fasst­heit.

Sich der göttlichen Leere hingeben

Wenn wir über die Emo­tio­nen und Orte der Erst­heit und Zweit­heit hin­aus­ge­hen, wer­den die grund­le­gen­den Emo­tio­nen in unse­rem Her­zen durch die Lee­re trans­for­miert und umge­wan­delt. Wenn wir also in unse­rem Her­zen woh­nen, wie es christ­li­che Mys­ti­ker regel­mä­ßig emp­feh­len, kön­nen wir die tie­fe Lie­be und Für­sor­ge spü­ren, die durch die Lee­re kommt, wobei der Aspekt des Auf­hö­rens in das Bild einer sanf­ten, rei­ni­gen­den, hei­len­den und ver­schö­nern­den Flam­me ver­wan­delt wird, so dass der hei­li­ge Johan­nes vom Kreuz in Die leben­di­ge Flam­me der Lie­be das Gött­li­che anfleht, die Wirk­lich­keit ver­blas­sen zu las­sen, damit er end­lich allein im Geheim­nis und Ursprung die­ser geschenk­ten Bese­li­gung ruhen kann:

„Leben­di­ge Flam­me der Lie­be,
die du mei­ne See­le in ihrer inners­ten Tie­fe zärt­lich ver­wun­dest!
Da du mir nicht mehr schmerzt,
voll­ende dein Werk, wenn es dein Wil­le ist,
zer­rei­ße das Netz die­ser süßen Begeg­nung.“

In sei­nem Kom­men­tar zu die­sem Gedicht erklärt er:

„Die Braut Chris­ti, die sich nun in der gött­li­chen Ver­ei­ni­gung ganz und gar ent­flammt fühlt und fühlt, dass Strö­me leben­di­gen Was­sers aus ihrem Leib flie­ßen, wie Chris­tus, unser Herr, gesagt hat, dass sie aus sol­chen See­len flie­ßen wür­den, glaubt, dass sie, da sie so hef­tig in Gott ver­wan­delt und so innig von ihm erfüllt ist, so reich mit Gaben und Gna­den geschmückt, der Glück­se­lig­keit nahe ist und dass nur ein dün­ner Schlei­er sie davon trennt. Da sie auch sieht, dass die­se süße Flam­me der Lie­be, die in ihr brennt, sie jedes Mal, wenn sie sie berührt, sozu­sa­gen mit einer Vor­ah­nung der Herr­lich­keit ver­herr­licht, so sehr, dass es ihr, wann immer sie sie umgibt und über­fällt, scheint, als wür­de sie in das ewi­ge Leben auf­ge­nom­men und der Schlei­er ihrer Sterb­lich­keit zer­ris­sen, wen­det sie sich mit gro­ßer Sehn­sucht an die Flam­me, die der Hei­li­ge Geist ist, und bit­tet ihn, ihr sterb­li­ches Leben in die­ser süßen Begeg­nung zu ver­nich­ten und ihr in Wirk­lich­keit das zu schen­ken, was er ihr zu geben scheint, näm­lich die voll­kom­me­ne Herr­lich­keit, und ruft: ‚O Flam­me von Lie­be leben­dig!‘“

In die­sem Zustand über­ge­ben wir die Kon­trol­le voll­stän­dig an die Leer­heit selbst, es gibt kein Gefühl mensch­li­cher Akti­vi­tät mehr in uns, son­dern nur noch die Ein­flö­ßung gött­li­cher Sub­stanz durch die­se bren­nen­de Lie­be, die – zunächst nur als win­zi­ger Samen einer inten­si­ven, fast uner­träg­li­chen Lie­be und Eksta­se – unse­re Brust durch­bricht und alle Lügen, Trau­ma­ta und Täu­schun­gen, die noch in ihr woh­nen, ver­brennt, um sie voll­stän­dig an die tie­fe­ren Sehn­süch­te des Höchs­ten anzu­pas­sen. So fährt der hei­li­ge Johan­nes fort:

“Das Fest des Hei­li­gen Geis­tes wird in der Sub­stanz der See­le gefei­ert, die für den Teu­fel, die Welt und das Fleisch unzu­gäng­lich ist; und daher ist das Fest umso siche­rer, sub­stan­zi­el­ler und köst­li­cher, je inner­li­cher es ist. Denn je inner­li­cher es ist, des­to rei­ner ist es; und je grö­ßer die Rein­heit, des­to grö­ßer sind die Fül­le, Häu­fig­keit und Uni­ver­sa­li­tät der Mit­tei­lung Got­tes von sich selbst; und so ist die Freu­de der See­le und des Geis­tes um so grö­ßer, denn Gott selbst ist der Urhe­ber all des­sen, und die See­le tut nichts aus sich selbst, in dem Sin­ne, den ich gleich erklä­ren wer­de.

“Und da die See­le hier nicht auf natür­li­che Wei­se wir­ken kann, noch irgend­wel­che eige­nen Anstren­gun­gen unter­neh­men kann, außer durch die kör­per­li­chen Sin­ne und mit deren Hil­fe – von denen sie in die­sem Fall völ­lig frei ist und von denen sie am meis­ten los­ge­löst ist –, besteht die Auf­ga­be der See­le ein­zig dar­in, das zu emp­fan­gen, was Gott ihr mit­teilt, der allein in der Tie­fe der See­le, ohne Hil­fe der Sin­ne, sie beein­flus­sen und len­ken und in ihr wir­ken kann. So sind alle Bewe­gun­gen einer sol­chen See­le gött­lich, und obwohl sie von Gott kom­men, sind sie den­noch die der See­le, weil Gott sie in ihr bewirkt, sie selbst will und ihnen zustimmt.”

Die­ses Zulas­sen und Auf­ge­ben ist hier nicht mehr will­kür­lich und damit par­ti­ell, wie im Vier­ten, wo wir den Fluss des Lebens, das kos­mi­sche Bewusst­sein, durch uns wir­ken las­sen kön­nen, son­dern es ist anders als die­se strö­men­de Ein­heit, die die­se frü­he­re Schicht brin­gen kann. Denn im Vier­ten ist es zunächst eine Pen­del­be­we­gung zwi­schen Stil­le und Bewe­gung, dann ein Ver­ständ­nis dafür, wie wir den Bewusst­seins­fluss kon­stru­ie­ren, spä­ter ein­fach ein Sich-Über­las­sen und eine Selbst-Hin­ga­be an das Strö­men und Tan­zen des kos­mi­schen Bewusst­seins, um so all­mäh­lich und lang­sam in die Selbst­kon­struk­ti­on des Bewusst­seins als Dia­log-mit-sich-selbst im allen-mit-Allem über­zu­ge­hen; wäh­rend es in der Fünf­ten Dimen­si­on ein tie­fes Ein­tau­chen in die Rea­li­tät hin­ter uns ist, in der wir als wir selbst han­deln, wäh­rend wir gleich­zei­tig voll­wer­tig als das Geheim­nis selbst han­deln, so dass es kei­nen Unter­schied mehr gibt, wir aber den­noch ein­deu­tig selbst die­se Ver­schmel­zung erle­ben, als Selbst­zu­stand, des gött­li­chen Selbst, in einer indi­vi­dua­li­sier­ten Selbst­for­mu­lie­rung sei­ner Uner­mess­lich­keit, Uner­schöpf­lich­keit, und unteil­ba­ren Lie­bes­sehn­sucht-nach-sich-Selbst. Schließ­lich gibt es kein Neben-sich-Ste­hen, wäh­rend der Fluss geschieht, kein Gefühl, Zeu­ge der Ent­fal­tung der Din­ge zu sein, wäh­rend das Selbst zum Schwei­gen gebracht wird – es sei denn, wir kom­bi­nie­ren das Fünf­te mit dem Vier­ten, wodurch ein leich­tes Gefühl davon ver­bleibt –, son­dern die phy­si­schen, sub­ti­len, men­ta­len oder uniti­ven Pro­zes­se, die in uns gesche­hen, füh­len sich viel mehr wie eine Selbst­ver­wirk­li­chung unse­res Selbst an, wäh­rend sie sich gleich­zei­tig als Selbst­aus­druck der Lee­re, des Mys­te­ri­ums oder des Gött­li­chen anfüh­len.

In der 3.4 Stu­fe bei­spiels­wei­se, wenn wir zu Refle­xio­nen über unse­re kau­sa­le See­le über­ge­hen, kön­nen die Gedan­ken, die von einem Zustand des Vier­ten durch­drun­gen sind, visu­el­ler wer­den oder sogar von leich­ten oder inten­si­ven Visio­nen beglei­tet sein, so dass wir nur noch etwas Luf­ti­ges, Flüch­ti­ges, Mühe­lo­ses spü­ren, vol­ler Weich­heit und Zärt­lich­keit, wie eine Früh­lings­bri­se, die unse­re Gedan­ken bewegt, die wie zar­te Blü­ten sind, gewo­ben aus dem Licht der rei­nen Wahr­heit in der wär­men­den Strah­lung der Mor­gen­son­ne, die durch den Tau der Mor­gen­däm­me­rung gebro­chen, wie durch Kris­tal­le, die Bah­nen des kos­mi­sche Gewe­bes erschei­nen lässt durch die wir Rei­sen  – wäh­rend all dies dadurch ver­ur­sacht wird, dass wir selbst die­sen Zustand der Ver­ei­ni­gung auf­recht­erhal­ten, wäh­rend wir uns auf die Gegen­wart des Zeu­gen kon­zen­trie­ren, uns der Gleich­zei­tig­keit des Gött­li­chen mit die­ser Akti­vi­tät bewusst sind, das in sei­ner Güte die­ses Spiel zulässt und sich so offen­bart, so dass man manch­mal das Gefühl hat, dass unse­re Gedan­ken nicht zu uns gehö­ren son­dern ledig­lich die Wahr­heits­schau sind, die sich am unbe­rühr­ten Him­mel abzeich­net – wäh­rend der Zustand der Fünft­heit nicht viel hin­zu­fügt, außer der kla­ren Erkennt­nis, dass es kei­ne selbst-ver­ur­sach­te Tren­nung gibt, ein, die sich aus der Anstren­gung des Selbst-Wil­lens zu bezeu­gen ergibt, son­dern dass das Selbst genau dort und in all dem ist, woher das Den­ken und Sehen kommt, aber nur durch die Gna­de des Mys­te­ri­ums, das voll­stän­dig in die For­ma­tio­nen des Selbst ver­wan­delt ist, so dass es kei­ne Tren­nung mehr zwi­schen den Schich­ten von Kör­per, Leben, Geist, und Bewusst­sein gibt, son­dern nur noch ihre gegen­sei­ti­ge Durch­drin­gung, und ihre Dyna­mik und Selbst-Ent­fal­tung zwei­fel­los und unbe­streit­bar und untrenn­bar, aber unsicht­bar, mit der uner­mess­li­chen Lee­re der gött­li­chen Sinn­lich­keit ver­bun­den sind, deren unend­li­che prak­ti­sche Weis­heit sich durch die­se direk­te Selbst-Akti­vi­tät, Selbst-Ver­wirk­li­chung, und Selbst-Arti­ku­la­ti­on, die weit grö­ßer ist als unse­re blo­ße Per­so­na, und doch nichts ande­res als die­se, und zwar durch ihre direk­te Ein­heit mit dem Ulti­ma­ti­ven als sei­ne Selbst-Ver­ein­heit­li­chung im Her­zen – wodurch es scheint, als sei­en unse­re Wor­te mit einem in gol­de­ne Far­be getauch­ten Pin­sel geschrie­ben, der aus der unend­li­chen Unfehl­bar­keit der tran­szen­den­ta­len Dun­kel­heit her­vor­tritt und in die­se Eine zurück­kehrt, die alles ist, was wir von Gott erfah­ren kön­nen.

Das Gute und das Eine

Die­se Erfah­rung der Lee­re in unse­rem Hin­ter­grund beinhal­tet im All­ge­mei­nen die Erkennt­nis, die in meh­re­ren bud­dhis­ti­schen Quel­len zum Aus­druck kommt, dass wir über die Gren­zen des loka­li­sier­ten Bewusst­seins hin­aus­ge­hen, wodurch wir „uns frei und unge­hin­dert bewe­gen, über­all erschei­nen, aber an kei­nen Ort gebun­den sind“ (Vimala­kir­ti Sutra) und die Erfah­rung die­ser uner­mess­li­chen Wei­te, die „unent­stan­den, jen­seits von Ort, Zen­trum oder Rand“ ist (Longchen­pa) – was den Cha­rak­ter haben kann, dass man aus dem Weg tritt und ande­re Men­schen ihre Iden­ti­tät voll­stän­dig in uns mate­ria­li­sie­ren, aber auch die Erfah­rung der Ver­bin­dung mit dem All­wis­sen Got­tes, wie in Psalm 139:

„Herr, du hast mich erforscht und mich erkannt!
Du weißt, wann ich mich set­ze und wann ich auf­ste­he; du erkennst mei­ne Gedan­ken von fern.
Du erforschst mei­nen Weg und mei­ne Ruhe und bist mit allen mei­nen Wegen ver­traut.
Noch bevor ein Wort auf mei­ner Zun­ge ist, sie­he, o Herr, du weißt es schon.
Du umgibst mich von allen Sei­ten und legst dei­ne Hand auf mich.
Sol­ches Wis­sen ist mir zu wun­der­bar; es ist hoch, ich kann es nicht errei­chen.
Wohin soll ich gehen vor dei­nem Geist? Und wohin soll ich flie­hen vor dei­nem Ange­sicht?
Stei­ge ich zum Him­mel, so bist du dort. Bet­te ich im Scheol, so bist du auch dort.
Näh­me ich die Flü­gel der Mor­gen­brü­cke, so wür­de ich mich über den Abgrund set­zen.
Auch dort wür­de dei­ne Hand mich füh­ren und dei­ne Rech­te mich hal­ten.
Wenn ich sage: ‚Die Fins­ter­nis soll mich bede­cken und die Nacht um mich sein‘,
so ist auch die Fins­ter­nis nicht fins­ter vor dir, und die Nacht leuch­tet wie der Tag, denn die Fins­ter­nis ist für dich wie Licht.

Denn du hast mei­ne Nie­ren geschaf­fen, mich gewo­ben im Schoß mei­ner Mut­ter.
Ich dan­ke dir dafür, dass ich so wun­der­bar gemacht bin. Wun­der­bar sind dei­ne Wer­ke, das weiß ich wohl.
Mei­ne Gestalt war dir nicht ver­bor­gen, als ich im Ver­bor­ge­nen geformt wur­de, in den Tie­fen der Erde, wo ich gewirkt wur­de.
Dei­ne Augen sahen mich, als ich noch nicht geformt war, und in dei­nem Buch stan­den alle Tage geschrie­ben, die für mich bestimmt waren, als noch kei­ner von ihnen da war.
Wie kost­bar sind mir dei­ne Gedan­ken, Gott! Wie groß ist ihre Sum­me!
Wenn ich sie zäh­len woll­te, wären sie mehr als der Sand. Ich wache auf, und ich bin noch immer bei dir.“

Bereits in der Vor­stel­lung des hei­li­gen Johan­nes von der end­gül­ti­gen spi­ri­tu­el­len Hoch­zeit spielt die Hei­lung von Falsch­heit und Bösem eine zen­tra­le Rol­le. Dies kommt daher, dass inner­halb der gefühls­mä­ßi­gen Bewusst­seins­sei­te der nicht-dua­len Wirk­lich­keit das Vier­te, das eigent­li­che kos­mi­sche Gewis­sen, das die Bewe­gung der Wahr­heit als das höchs­te Gut schätzt, durch die voll­stän­di­ge Aner­ken­nung des Nicht-Dua­len, Nicht-Loka­len und All­wis­sen­den auf­ge­ho­ben und berei­chert wird, sodass die via posi­ti­va einen mora­li­schen Sinn des Seins aus­drü­cken könn­te, der die gött­li­che Lee­re oder das Eine als Ursprung des Guten sieht. Plo­ti­nus drückt dies in sei­nen Ennea­den aus, indem er die Rück­kehr zum Guten als tat­säch­li­che Pra­xis her­vor­hebt – wobei eine akti­ve Nega­ti­on durch die 3.2 Inver­si­on den Impuls erzeugt:

“Das Eine ist alles und kei­nes von ihnen; die Quel­le aller Din­ge ist nicht alle Din­ge; alle Din­ge sind in ihm gegen­wär­tig, aber in der Form der Gegen­wart, die nicht Iden­ti­tät ist, son­dern tran­szen­den­tal inklu­siv. Gera­de weil nichts in ihm ist, kom­men alle Din­ge aus ihm: Damit das Sein exis­tie­ren kann, muss das Eine kein Sein sein, son­dern der Erzeu­ger des Seins.

“Wie sol­len wir dann zu ihm gelan­gen, und in wel­chem Zustand muss die See­le sein, damit sie das Eine errei­chen kann? Wie der Auf­stieg zu voll­brin­gen ist, was die See­le errei­chen muss, um die Visi­on zu erlan­gen, und was die See­le zurück­las­sen muss, sagt uns Pla­ton in sei­nem Gast­mahl: „Die See­le muss das Böse able­gen, muss Tugend üben, muss zur Weis­heit gelan­gen und zu allem, was die Weis­heit gezeigt hat, bis sie durch die­se Stu­fen empor­steigt und das Höchs­te erreicht und es durch das Höchs­te in sich selbst sieht.

“Die See­le soll so rein wie mög­lich wer­den, rein von aller Mate­rie, rein von allem, was Kör­per ist, rein von jeder bösen Tat, rein von jedem frem­den Ein­fluss; ein ein­sa­mes Wesen, bereit für die Ein­sam­keit mit dem Einen. Sie soll Geist wer­den, ganz und gar geis­tig; dann kann sie erken­nen, dass sie das gewor­den ist, was sie gesucht hat, und kann danach stre­ben, sich selbst zu sehen, wie sie in die­sem Einen ist.

“So geht die See­le in das über die See­le hin­aus­ge­hen­de über – sie ver­liert sich im Einen, wie der Fluss sich im Meer ver­liert. Nicht durch Bewe­gung, son­dern durch Stil­le; nicht durch Ver­meh­rung des Seins, son­dern durch Ent­klei­dung des Seins; nicht durch Aus­lau­fen nach außen, son­dern durch Ein­tau­chen nach innen – bis alles Sein zum Nicht­sein ver­blasst ist und alle Viel­falt zur Ein­heit. Dann end­lich sieht die See­le das Eine, das nicht gese­hen wer­den kann, und erkennt das, was nicht erkannt wer­den kann, indem sie selbst nichts als das Eine wird: Denn nur Glei­ches kann Glei­ches erken­nen.”

Die­se pla­to­ni­sche Sicht­wei­se kommt auch in Sri Auro­bin­dos The Life Divi­ne zum Aus­druck, wobei er jedoch zusätz­lich die Bewe­gung über die Tren­nung zwi­schen Selbst und Ande­ren in den frü­he­ren Berei­chen hin­aus her­vor­hebt, die durch die end­gül­ti­ge Hin­ga­be an die Lee­re über­wun­den wird:

“Im Bewusst­sein des Gött­li­chen als Herrn unse­res Seins und Han­delns kön­nen wir ler­nen, Kanä­le sei­ner Shak­ti, der gött­li­chen Kraft, zu wer­den und nach ihren Gebo­ten oder ihrer Herr­schaft des Lichts und der Kraft in uns zu han­deln. Unser Han­deln wird dann nicht mehr von unse­ren vita­len Impul­sen beherrscht oder von men­ta­len Nor­men bestimmt, denn sie han­delt gemäß der bestän­di­gen und doch form­ba­ren Wahr­heit der Din­ge – nicht gemäß dem, was der Ver­stand kon­stru­iert, son­dern gemäß der höhe­ren, tie­fe­ren und sub­ti­le­ren Wahr­heit jeder Bewe­gung und jedes Umstands, wie sie dem höchs­ten Wis­sen bekannt ist und vom höchs­ten Wil­len im Uni­ver­sum gefor­dert wird. Die Befrei­ung des Wil­lens folgt auf die Befrei­ung im Wis­sen und ist des­sen dyna­mi­sche Fol­ge; es ist das Wis­sen, das rei­nigt, es ist die Wahr­heit, die befreit: Das Böse ist die Frucht geis­ti­ger Unwis­sen­heit und wird nur durch das Wachs­tum eines geis­ti­gen Bewusst­seins und das Licht geis­ti­ger Erkennt­nis ver­schwin­den. Die Tren­nung unse­res Wesens vom Wesen ande­rer kann nur geheilt wer­den, indem wir die Tren­nung unse­rer Natur von der inne­ren See­len­wirk­lich­keit auf­he­ben, indem wir den Schlei­er zwi­schen unse­rem Wer­den und unse­rem Selbst­sein besei­ti­gen, indem wir die Fer­ne unse­rer Indi­vi­dua­li­tät in der Natur von dem gött­li­chen Wesen über­brü­cken, das die all­ge­gen­wär­ti­ge Wirk­lich­keit in der Natur und über der Natur ist.”

Die­se Ansicht steht im Ein­klang mit der bud­dhis­ti­schen Vor­stel­lung, dass „die Erleuch­tung der Bud­dhas der Oze­an gro­ßer Weis­heit und gro­ßen Mit­ge­fühls ist, der ohne Unter­schei­dung allen Wesen Nut­zen bringt“ (Blu­men­schmuck-Sutra).

Die­ses end­gül­ti­ge Gute soll­te jedoch nicht mit extre­men Lösun­gen oder Kon­tras­ten ver­wech­selt wer­den, son­dern sei­ne Natur ist ein­fach das selbst-leuch­ten­de Spiel der Gegen­sät­ze, die in eine Syn­the­se flie­ßen – sei es als Syn­the­se mit der uni­ver­sel­len Archi­tek­tur der Rea­li­tät in unse­rer Ent­wick­lungs­rei­se oder als Syn­the­se in unend­li­chen, kon­tin­gen­ten und will­kür­li­chen Rea­li­täts­kon­struk­tio­nen, die sich im dia­lek­ti­schen Pro­zess unse­rer vom Geist geschaf­fe­nen Rea­li­tä­ten ent­fal­ten – wäh­rend wir an der Ver­schmel­zung der Selbst-Lie­be und der Selbst-Erfah­rung des kos­mi­schen Seins mit dem tat­säch­li­chen Mys­te­ri­um teil­ha­ben, das einen gerei­nig­ten und kla­ren Blick und ein Ver­ständ­nis für die tat­säch­li­chen Her­aus­for­de­run­gen unse­rer Rei­se ermög­licht, ohne in Ver­mei­dung oder Ver­drän­gung zu ver­fal­len, und mühe­los Kurs­kor­rek­tu­ren durch­füh­ren kann, die aus dem Gefühl des Wis­sens und der Schön­heit, das hin­ter dem Schlei­er der Dun­kel­heit schlum­mert, den wir in die­sem Leben nicht lüf­ten kön­nen, gespeist wer­den.

Dio­ny­si­us Areo­pa­gi­ta schreibt in sei­nem Buch über die gött­li­chen Namen dazu:

“So wie die Güte der Gott­heit, die über allem steht, von den höchs­ten und ehr­wür­digs­ten Sub­stan­zen bis hin zu den nied­rigs­ten durch­dringt und den­noch über allem steht, ohne dass das Vor­ran­gi­ge ihre Über­le­gen­heit über­trifft oder das Unter­ge­ord­ne­te sich ihrem Zugriff ent­zieht, son­dern sie alles, was fähig ist, erleuch­tet, formt und belebt, erfasst und ver­voll­komm­net und das Maß aller Din­ge ist, das Alter, die Zahl, die Ord­nung, das Erfas­sen, und Ursa­che und Ende; so erleuch­tet auch die strah­len­de Ähn­lich­keit der gött­li­chen Güte, die­se unse­re gro­ße Son­ne, ganz hell und immer leuch­tend, als ferns­tes Echo des Guten, alles, was dar­an teil­ha­ben kann, und besitzt das Licht in höchs­ter Rein­heit, das sich dem sicht­ba­ren Uni­ver­sum oben und unten in der Pracht sei­ner Strah­len ent­fal­tet. Und wenn etwas nicht dar­an teil­hat, so liegt das nicht an der Träg­heit oder Unzu­läng­lich­keit sei­ner Licht­ver­tei­lung, son­dern an der Unfä­hig­keit der Din­ge, die sich nicht für die Teil­nah­me am Licht ent­fal­ten, Licht auf­zu­neh­men.“…

und macht damit deut­lich, dass die­se Güte oder die­ser End­zu­stand des Seins für jeden poten­zi­ell all­ge­gen­wär­tig ist und dass es allein unse­rer Unfä­hig­keit zuzu­schrei­ben ist, das Böses ent­steht, näm­lich wenn wir dar­an schei­tern, das strah­len­de Licht, das vom Einen aus­geht, zu emp­fan­gen, jenes Licht wel­ches ent­steht, wenn wir die Lee­re mit der empor­lo­dern­den Klar­heit und Leucht­kraft des Vier­ten ver­bin­den; was jedoch eben­so bedeu­tet, wie Sri Auro­bin­do es zum Aus­druck bringt, dass mit dem all­mäh­li­chen Erwa­chen und der Ent­hül­lung und Abwer­fung der Tren­nun­gen, die in uns zwi­schen dem höchs­ten Gött­li­chen und unse­ren frü­he­ren Bewusst­seins­schich­ten bestehen, unse­re Fähig­keit, das über­sinn­li­che, strah­len­de, kla­re Licht, das sei­ne Bril­lanz aus sei­ner Ver­mi­schung und sei­nem Kon­trast mit der uner­gründ­li­chen und unbe­schreib­li­chen Dun­kel­heit des Gött­li­chen bezieht, die eine uner­schöpf­li­che Quel­le sei­ner Ener­gie und Bewusst­seins­kraft ist – so wie es der Glanz der Lie­be in unse­ren Her­zen ist, der Lei­den in Für­sor­ge ver­wan­delt und im Spiel mit der Schön­heit unse­res authen­ti­schen und gerei­nig­ten Selbst­aus­drucks all­mäh­lich in die stil­le, leuch­ten­de Klar­heit der alles beru­hi­gen­den, all­har­mo­ni­sie­ren­den, all­ver­ei­ni­gen­den Syn­the­se, in der das Licht der Son­ne wie die Wel­len eines Oze­ans den pul­sie­ren­den Tanz der wah­ren Befrei­ung rhyth­mi­siert, trägt –, zunimmt:

“Dafür ist es da, und es ver­folgt von Leben zu Leben sei­ne immer stär­ker wer­den­de Auf­wärts­be­we­gung und Beharr­lich­keit; das Wachs­tum der See­le ist ein Wachs­tum aus der Dun­kel­heit ins Licht, aus der Unwahr­heit in die Wahr­heit, aus dem Lei­den in ihre eige­ne höchs­te und uni­ver­sel­le Anan­da. Die Wahr­neh­mung von Gut und Böse durch die See­le mag nicht mit den künst­li­chen Maß­stä­ben des Ver­stan­des über­ein­stim­men, aber sie hat einen tie­fe­ren Sinn, eine siche­re Unter­schei­dung des­sen, was zum höhe­ren Licht hin­weist und was davon weg­führt. Es ist wahr, dass das nie­de­re Licht unter Gut und Böse steht, so wie das höhe­re geis­ti­ge Licht über Gut und Böse steht; aber dies nicht in dem Sin­ne, dass man alle Din­ge mit einer unpar­tei­ischen Neu­tra­li­tät zulässt oder den Impul­sen des Guten und Bösen glei­cher­ma­ßen gehorcht, son­dern in dem Sin­ne, dass ein höhe­res Gesetz des Seins ein­greift, in dem die­se Wer­te kei­nen Platz und kei­nen Nut­zen mehr haben. Es gibt ein Selbst­ge­setz der höchs­ten Wahr­heit, das über allen Maß­stä­ben steht; es gibt ein höchs­tes und uni­ver­sel­les Gut, das inne­woh­nend, intrin­sisch, selbst­exis­tent, selbst­be­wusst, selbst­be­stimmt und unend­lich form­bar ist, mit der rei­nen Form­bar­keit des leuch­ten­den Bewusst­seins des höchs­ten Unend­li­chen.

Wenn wir weni­ger pla­to­nis­tisch ver­an­lagt sind, son­dern das Bewusst­sein der Außen­per­spek­ti­ve/MBTI-Per­cei­ver ver­kör­pern, ist der letz­te Schritt auf dem Weg zum Guten nicht so sehr die ein­fa­che Ver­bin­dung zu die­ser end­gül­ti­gen Gestalt des­sel­ben, zu der wir wer­den, son­dern es offen­bart sich ein Mecha­nis­mus, der es uns ermög­licht, die Rea­li­tät in Über­ein­stim­mung mit einem beab­sich­tig­ten Ergeb­nis zu gestal­ten. Wir sehen jedoch die­sel­be Ten­denz, die klas­si­sche Unter­schei­dung zwi­schen Gut und Böse zu über­win­den, die wir auf­grund unse­rer frü­he­ren Seins­wei­sen als real anneh­men – Adi Da Sam­raj schreibt bei­spiels­wei­se über das kon­ven­tio­nel­le Dilem­ma zwi­schen Gut und Böse, das in die­sem Schritt aus der Per­spek­ti­ve des Wahr­neh­men­den über­wun­den wird:

„Anstel­le die­ses Dilem­mas der Gegen­sät­ze tritt ein ego- und welt­über­win­den­der Gleich­mut. In die­sem Gleich­mut liegt eine inne­woh­nen­de Selbst­strah­lung, die die ego­is­ti­schen Kate­go­rien von Gut und Böse über­win­det. Die­se Selbst­strah­lung ist die freie Strah­lung der ego­frei­en Lie­be. In die­ser frei­en Strah­lung sind Ener­gie und Auf­merk­sam­keit von Natur aus frei von der Bin­dung an das Ego, von Selbst­kon­trak­ti­on oder der Anzie­hungs­kraft des phä­no­me­na­len Selbst­be­wusst­seins. Daher ist dyna­mi­scher Gleich­mut oder die freie Dis­po­si­ti­on der ego­frei­en Lie­be (und nicht die ego­is­ti­schen Ver­an­la­gun­gen in den For­men von „gut“ oder „böse“) das ‚Fens­ter‘, durch das der wah­re, ursa­chen­lo­se Gott gese­hen (oder intui­tiv erfasst) wer­den kann – nicht in der kon­ven­tio­nel­len Form des Schöp­fers, des Guten, des Ande­ren oder des himm­li­schen Ortes, son­dern als das Wah­re (oder die Wirk­lich­keit selbst), als die selbst­ver­ständ­li­che gött­li­che Selbst­na­tur, Selbst­be­din­gung und Selbst­ek­sta­se von allem und Allem.“

Eben­so offen­bart uns Longchen­pa im Kost­ba­ren Schatz des Dhar­mad­ha­tu:

„In der gro­ßen Wei­te der ursprüng­li­chen Rein­heit,
wo alle Erfah­run­gen als Mani­fes­ta­ti­on ent­ste­hen,
gibt es kei­ne Vor­lie­be für Exis­tenz oder Nicht-Exis­tenz,
für Gut oder Böse –
nur die spon­ta­ne Prä­senz des rei­nen Seins selbst.”

Wenn dir die­ser klei­ne Aus­schnitt aus mei­nem letz­ten Kurs gefal­len hat und du mei­ne Arbeit, mein Buch- und PhD-Pro­jekt zu den Stu­fen des Pfa­des auf dem Weg zur Erleuch­tung unter­stüt­zen möch­test, dann lade dir mein E‑Buch für Patrons her­un­ter!

I offer one interactive and experiential Q&A Sessions for The Stages of the Path to Enlightenment Course.

I am looking forward to meeting you there.

With Love, Roman

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