Eine Programm für die folgenden Wochen:
Der Übergang in die Viertheit, die Ordnung des Geistes und der absoluten Wahrheit
In den kommenden Wochen werde ich Stufenbeschreibungen der spätesten Stufen im Modell der homöostatischen hierarchischen Integration, der so genannten Viertheit oder Ordnung des Geistes und der absoluten Wahrheit, veröffentlichen. Bislang ist dieses Gebiet kaum kartographiert worden, wenn man von den mehr oder weniger rein phänomenologischen Berichten absieht, die uns durch die Verschriftlichung der erste Person Erfahrung von Sri Aurobindo, Ken Wilber, Adi Da Samraj, oder Georg Wilhelm Friedrich Hegel als Orientierung in die Hand gegeben wurden. Nur drei weitere strukturalistische Modelle scheinen bislang Einblick in die erste der vier Stufen gegeben zu haben, die innerhalb dieser vierten Bewusstseinsschicht vor uns liegen: Erstens Clare Graves Emergent Cyclical Levels of Existence Theory, obwohl er selbst zugibt, dass er „nie genug Leute hatte, um dies Stufe systematisch zu untersuchen“ (Graves 2005, S.397); zweitens Susanne Cook-Greuters (2010) Konzeption der postautonomen Ich-Entwicklung; und drittens Terri O`Fallons (2010) STAGES-Modell.
Im Laufe dieses Artikels werden wir uns – in aller Knappheit – vier grundlegenden Themenkomplexen widmen, die sich bei der Bestimmung dieser Stufen im Modellvergleich über die letzten Jahre als essenziell erwiesen haben:
- Es gibt verschiedenste Methoden zum Abgleich der unterschiedlichen Modelle der Erwachsenenentwicklung, um einen generalisierten Vergleich auf der Grundlage transparenter Annahmen zu erstellen;
- Es braucht eine kritische Analyse der Auswertungsweise später Stufen durch Terri O`Fallons STAGES-Modell sowie Susanne Cook-Greuters Konzeption der Ich-Entwicklung im Vergleich zu strukturgenetischen Kriterien, wie sie im Modell der homöostatischen hierarchischen Integration verwendet werden;
- Es gibt Hinweise dafür, wie wesentlich eine typologische Unterscheidungsfähigkeit ist, um Entwicklungsauswertung innerhalb der Viertheit leisten zu können – entsprechend folgt eine Illustration, wie verschiedene Objekte und Konzepte aus den Welten von Körper, Leben, Selbst und Geist dort zum Ausdruck kommen können;
- Es trägt zur Präzision der eigenen Einschätzung bei, Perspektiven auf die Verwechslung von Zuständen mit Stufen zu werfen, um so das Nutzenversprechen strukturgenetischer Verfahren vollends zu begreifen, d.h. sich auf eine Beurteilung zu verlassen, die auf dem basiert, was ich thematisch-rhematischen Feld (Anzahl der Subjekt-, Prädikat-, Objektmodifikationen innerhalb eines Satzes) der Kommunikation nenne, anstelle dessen zu glauben, es wäre möglich anhand von Objekten zu Orientierungsverallgemeinerungen gelangen zu können, die einem Modellvergleich über das Stufenspektrum hinweg erlauben würden.
Die folgende Tabelle zeigt den Vergleich von ein paar Modellen, die in ihrer Verallgemeinerung als Orientierung in den nächsten Artikeln dienen können, die ich hier veröffentlichen werde. Diese Artikel werden alle vier archäologisch beschreiben: die 4.1 Konsens-Bewusste, die 4.2 Autologische, die 4.3 Kosmotheantrische und die 4.4 Co-Gnostische Persönlichkeit und Weltanschauung. Für einen umfassenden Überblick über mein Modell lohnt es sich in Erwägung zu ziehen, meinen Artikel über Homeostatic Hierarchical Integration through Communicative Action zu lesen (zurzeit nur auf Englisch). Er ist jedoch nicht notwendig, könnte aber für ein tieferes Verständnis beider Aspekte hilfreich sein, für das nun folgende Nachdenken über Stufenkorrelationen und die vorausliegenden Stufenbeschreibungen.
Der Übergang in die Viertheit
Die Schwierigkeiten eines Stufenvergleichs und ein paar Lösungsversuche
Die Tabelle oben zeigt eine ungefähre Stufenkorrelation. Die Schwierigkeiten einer solchen Korrelation sind offenkundig, und es gibt viele Möglichkeiten unterschiedliche parallele Darstellungen von Modellen zu entwickeln. Die moralische Stufe sieben zum Beispiel ist „eine rein hypothetische und auf keinen Daten beruhende Diskussion“, so Lawrence Kohlberg (1996, S.118). Wir können jedoch eine Korrelation mit der sechsten moralischen Stufe konstruieren, indem wir sowohl Immanuel Kants (2013) Entwurf des kategorischen Imperativs als auch John Rawls (1971) Theorie der Gerechtigkeit bewerten, die als Vorbilder für Kohlbergs Konzeption dienten. Wenn wir darüber hinaus auch die Schriften von Habermas (1991) zur Diskursethik durch die Linse unseres Modells betrachten, können wir die hypothetische siebte Stufe, die der kosmischen Moral, über die additive Spanne der sechsten Stufe Kohlbergs als Gewissensprinzipien und der nachfolgenden Verbesserungen und Erweiterung dieser Konzeption durch Habermas Diskurstheorie stellen – als eine Lebensweise entworfen, die „kontemplative Erfahrungen nicht-dualistischer Art impliziert“ (Kohlberg 1996, S.119) fügt sich die siebte Stufe dann perfekt in Sri Aurobindos Idee dieser Höhe, als Beginn der Stufen der Einheit, oder Cook-Greuters Idee des unitären Seins ein.
Sri Aurobindos Stufen, obwohl sie in unserem Modell vollständig damit übereinstimmen, wie sie Ken Wilber (2018) in Die Religion von Morgen abbildet, können zusätzlich durch die vielen Details, die der indische Weise anbietet, korreliert werden. Aber auch durch eine autobiographische Analyse lassen sich die Bewusstseinssequenzen gut abgleichen, da er zum Beispiel in einem seiner Briefe anmerkt, dass man auf „der Ebene des Höheren Mental, die die erste über der menschlichen Intelligenz ist“ (Aurobindo 2012, S.150), innere Stille erlangen kann; und für ihn selbst „wurden diese Dinge [, wie innere Stille,] im Jahr 1908 Wirklichkeit“ (ebd. S.150), einer Periode seines Lebens, in der seine Schriften den Übergang in die zweite Hälfte unserer 3.4 Diskursiven Stufe ausdrücken.
In ähnlicher Weise ist die Darstellung von Clare Graves (2005) Existenzebenen, die sich jedoch von Wilbers (2018) unterscheidet, ein Ergebnis der scheinbaren Tatsache, dass Graves selbst, als er die endgültige Version der Theorie der Emergenten Zyklischen Existenzebenen entwickelte, von unserer 4.1 Konsens-Bewussten Stufe lebte. Daher halten wir es für wahrscheinlich, dass sie in seine Arbeit einfließt, wie in der Beschreibung genau dieser 4.1 Stufe später gezeigt werden wird.
Auch Terri O`Fallons (2010) Evolution der menschlichen Seele ist höchstwahrscheinlich ein Werk, das von den Fähigkeiten dieser 4.1 Stufe genährt wird. Entsprechend wurden ihre Stufen mit gleichmäßigem Abstand in das Raster bis dorthin eingezogen. In Angerers (2020) Luhmanns Lebenswerk und Ordnungsmuster werden jedoch einige Hinweise darauf beleuchtet, dass ihr intuitiv entstandenes Modell mehrere Irrtümer enthält, die ihr Stufenspektrum aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Zerrbild des ursprünglichen Verlaufs der Bewusstseinsentwicklung werden lassen.
Um eine Auswertung auf einer dieser späteren Stufe, von der 4.1 Konsens-Bewussten bis zur 4.4 Co-Gnostischen, zu bekommen, braucht es innerhalb der Messgrößen der homöostatischen hierarchischen Integration eine sehr spezifische Textualität; ein Satz muss aus mindestens einem Subjekt und vier Prädikat-Objekt-Modifikationen zusammengesetzt sein, die keine Aufzählungen sind, sondern homöostatische Funktionen ausdrücken. Dies kann man exemplarisch an dieser Passage aus Sri Aurobindos (2003, S.510) Schrift über die Isha Upanischad sehen:
„[Erste Komponente Jede Ursache und jedes Ergebnis sind lediglich die Heraufbeschwörung einer latenten und potenziellen Form oder eines Zustands der Dinge] [Zweite Komponente aus einem vorherigen Zustand oder Status, in dem diese Form latent war,] [Dritte Komponente durch eine spezifische Bewegung einer Bewusstseinskraft, die sich progressiv von einem Zustand zum nächsten bewegt,] [Vierte Komponente und dadurch in der Fülle manifestiert, was sie in sich selbst als Potential enthält]“.
Dies gilt scheinbar nicht nur für Sätze, die einem gründlich geschriebenen Text entnommen wurden, sondern auch für spontan geschriebene Satzergänzungen, wie man sie zur Bestimmung einer wahrscheinlichsten Bewusstseinsstufe in sogenannten Satzergänzungstests spätestens seit Jane Loevinger, Ruth Wessler und Carolyn Redmore (1970) gerne verwendet, die damals das erste Handbuch zur Bestimmung der Ich-Entwicklung bei Frauen und Mädchen herausgebracht hatten. Exemplarisch schrieb eine Person auf der 4.1 Stufe in einer Vervollständigung des Satzanfanges, „Wenn Menschen aus der Reihe tanzen“, dann „sind sie sich ihrer schöpferischen Kraft bewusst und leben diese Kraft voll spielerischer Freude, kreativer Lust und achtsamer Verantwortung für ein Ganzes aus, das aus ihnen heraus zu einer neuen Form erschaffen werden will und sie zuallererst als Mittel und Weg dafür erschaffen hat“. Und diese Aussage lässt sich wie folgt sezieren:
„[Erste Komponente sind sie sich ihrer schöpferischen Kraft bewusst] [Zweite Komponente und leben diese Kraft voll spielerischer Freude, kreativer Lust und achtsamer Verantwortung für ein Ganzes aus,] [Dritte Komponente das aus ihnen heraus zu einer neuen Form erschaffen werden will] [Vierte Komponente und sie zuallererst als Mittel und Weg dafür erschaffen hat]”.
Erstaunlicherweise ist das einzige öffentlich zugängliche Auswertungsbeispiel für O`Fallons (2020, S.12) 6.0 Universelle Stufe, welches wir finden konnten, eine Vervollständigung des Stammes „Frauen haben Glück, weil…“ ganz gegensätzlich nicht aus vier Komponenten aufgebaut, d.h. sie fällt in das vorherige Spektrum, das von der 3.1 Selbst-Bewussten bis 3.4 Diskursiven Stufe reicht; denn die Antwort – „als Leinwand tragen sie [, die Frauen,] zu den besonderen Gemälden des Universums in der Kunstgalerie des Heiligen bei, indem sie kontinuierlich den vielfarbigen Pinselstrich desselben erhalten und somit von den zeitlosen, nicht enden wollenden Schichten des Pigments der Menschheit gebildet werden“ – ist aus drei bedeutungsvollen Modifikationen von Subjekt, Prädikat und Objekt gebildet:
„[Erste Komponente als Leinwand tragen sie zu den besonderen Gemälden des Universums in der Kunstgalerie des Heiligen bei] [Zweite Komponente indem sie kontinuierlich den vielfarbigen Pinselstrich desselben erhalten,] [Dritte Komponente und somit von den zeitlosen, nicht enden wollenden Schichten des Pigments der Menschheit gebildet werden]”.
In ähnlicher Weise enthält eine Satzergänzung, die exemplarisch für die Perspektive der 6.0 Universellen Stufe auf den Klimawandel, in einem Vortrag von Abigail Lynam und Lucia Olivia Hennelly (2020) eingebracht wurde nur drei Komponenten. Auch sie würde immer noch in die Ordnung der Dritten, die des Selbst und der bedeutungsvollen Ideen, fallen und noch nicht in die Vierte, die Schicht des Geistes und der absoluten Wahrheit:
“Wir könnten diese Welt zu einem besseren Ort machen, wenn… [Erste Komponente jedes menschliche Fraktal der Welt den Mut und die Verletzlichkeit erkennen würde,] [Zweite Komponente dass sie Teil von etwas größerem sind] [Dritte Komponente — eines dynamischen, lebenden Ganzen … einer Welt, die ihre Liebe für sich selbst zum Ausdruck bringt]”.
Während die erste Satzergänzung von O`Fallon (2020) wahrscheinlicherweise zumindest innerhalb der 3.4 Diskursiven Stufe landen würde, würde die zweite wohl lediglich auf der 3.3 Integrativen Stufe landen – dem eigentlichen Korrelat zur Autonomen Stufe der Ich-Entwicklung, welche O`Fallon als mit ihrer 4.5 Stufe des Strategen übereinstimmend behauptet.
Dies könnte in der Tat auf eine Verwechslung von Zuständen und Stufen hindeuten, der sich aus der Überbetonung von Ähnlichkeiten zwischen der Abfolge spiritueller Zustände und der Stufenentwicklung ergibt, aus der der hypothetischen Durchdringung der beiden Dimensionen des Aufwachens und des Aufwachsens – diese Hypothese werden wir unter der nächsten Überschrift transparenter machen. Aber schon Susanne Cook-Greuter, Ken Wilber und Beena Sharma (2013, S.3) haben in ihrem Beharren, dass das Zusammenfallen von Zuständen und Stufen „in eine Einheit, durch die sie gleichgeschaltet werden, ein ernsthaftes Missverständnis der integralen Theorie kundmacht und eine Falschdarstellung ist“, auf diesen Irrtum hingewiesen. Ungeachtet dessen enthält auch das Modell der homöostatisch hierarchischen Integration durch kommunikatives Handeln eine differenzierte Perspektive zur Ähnlichkeit zwischen bestimmten Zuständen und dem Stufenverlauf.
Trotz ihrer Kritik am STAGES Modell gilt dasselbe Problem für eine Korrelation der Arbeit von Susanne Cook-Greuter (2010) mithilfe der homöostatisch hierarchischen Integration. Viele der für den Vergleich zur Verfügung stehenden Satzergänzungen deuten aus unserer Sicht nicht unbedingt auf ein kohärentes Bild der Unitären Stufe hin. Das bedeutet, dass weder alle Satzvervollständigungen, die Cook-Greuter, auf dieser Stufe einordnet notwendigerweise später als die Stufe des Konstrukt-Bewusstseins wären, wenn durch unser Modell betrachtet, noch das die Satzergänzungen auf einer klaren zugrundeliegenden Grammatik basieren, die repräsentativ für eine bestimmte Ebene hierarchischer Komplexität wäre. Einige von ihnen fallen, wie die oben genannten Beispiele, eher in unsere 3.3 Integrative oder unsere 3.4 Diskursive Stufe. Wie dieses Beispiel aus der Dissertation zu postautonomer Ich Entwicklung als Vervollständigung des Satzstammes „ein Mann fühlt sich gut, wenn…“ – eine Antwort aus dem ersten Viertel der diskursiven Stufe:
„[Erste Komponente Er handelt gegenüber der Welt und sich selbst auf eine verantwortliche, fürsorgliche Weise] [Zweite Komponente während er das Gute wie auch Schlechte um sich herum akzeptiert,] [Dritte Komponente andere liebend und anderen gebend wie sich selbst]” (Cook-Greuter 2010, S.80).
Allerdings lassen sich auch viergliedrige Aussage in ihren Handbüchern finden, die der Unitären Stufe zugeordnet sind, wie hier zum Item Ich empfinde Mitgefühl:
„Ich Empfinde Mitgefühl… [Erste Komponente für jeden und für niemanden – denn jeder von uns leidet] [Zweite Komponente, und ein Großteil des Leides ist selbstgeschaffen] [Dritte Komponente aber niemand von uns ist jemals in Gefahr, wenn es ums Absolute geht,] [Vierte Komponente und das potenziell Gute kann aus allem strömen, was wir gerade erleben]” (Cook-Greuter 2011, S.16).
Im Gegensatz dazu befindet sich die einzige von O`Fallon (2020, S.12) gegebene Beispielergänzung für die 5.5 Transpersonale Stufe innerhalb der Viertheit und damit auf einer nach Kriterien hierarchischer Komplexität und Integration späteren Stufe als ihre 6.0 Universellen Beispiele:
„Wenn ich wütend werde… [Erste Komponente in dem Wissen, das das unkontrollierte Herauslassen der Macht, auf die ich nun zugreifen kann, unerwünschten Schaden anrichten kann,] [Zweit Komponente erkenne ich die Gefühlslage in meinem Bewusstsein] [Dritte Komponente und ich bringe mein Selbst dazu, auf das zuzugehen was die Wut in mir hervorgebracht hat,] [Vierte Komponente in meinem Wissen darum, dass das Gefühl ein Anzeichen für meine wachsende Entwicklungshöhe ist, um deren Weitung ich das Universum gefragt habe]“.
Während die eben aufgegliederte Satzergänzung eindeutiger Weise ins Jenseits der Entwicklungshöhe der oberen Beispiele für die 6.0 Universelle Stufe fällt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob die vorherigen Satzergänzungen – so unwahrscheinlich es wohl ist – doch aus einer Auswertung stammen, deren Gravitationszentrum auch durch unsere Methode eine Stufe jenseits der Konstrukt-bewussten Stufen erzielt hätte. Ungeachtet dieser für uns deutlich scheinenden Fehlkonzeptionen und Fehlauswertungen, scheinen dennoch viele Aspekte der Unitären und der 6.0 Universellen Stufenbeschreibungen unsere Viertheit mit anzuzeichnen.
Der Übergang in die Viertheit
Das Übermental und eine ideologiefreie und objektunabhängige Auswertungsmethode
Terri O`Fallons STAGES Auswertung scheint stark von konkreten, subtilen und meta-bewussten individuellen oder kollektiven Objekten abhängig zu sein und davon, ob diese Objekte passiv oder aktiv orientiert sind. Sie und ihre Kollegen (2020, S.3) schreiben etwa, dass die Stufenfolge durch die Fähigkeit gekennzeichnet ist, „Objekte unterschiedlicher Komplexität, Abstraktion und/oder Nuancierung zu verstehen (zu begreifen)“ und somit „zum Beispiel ein Satz, der über subtile individuelle Objekte verfügt, die passiv orientiert sind, mit 3.0 bewertet wird, während ein Text, der sich primär auf ein konkretes kollektives Objekt konzentriert und aktiv orientiert ist, mit 2.5 bewertet wird“ (ebd. S.3). In ähnlicher Weise möchte Susanne Cook-Greuter (2010, S.72) prägnante Kategorien für die Auswertung des Satzergänzungstests anbieten, „um die Substanz einer Gruppe von Antworten greifbar zu machen“. Für eine unitäre Bewertung müssen entsprechend bestimmte Objekte angegeben werden, die dieser Substanz Ausdruck verleihen und damit eine andere Stufe hierarchischer Komplexität und Integration transportieren, als die vorherigen Stufen, und stellvertretend für dieses neue Gleichgewicht stehen können – in dem Sinne, dass sie eine grammatikalische Analyse arbitrieren (z.B. Anzahl der Abstraktionen). So kann sie von einer Stufe kohärenter Bedeutung und damit einem neuen Gravitationszentrum für das Selbst ausgehen, das vermeintlich diese Objekte aus seiner inneren Struktur heraus erzeugt. Diese Objekte sind z.B. „hohe Toleranz und Akzeptanz von Selbst und Welt ‚wie sie ist‘, Offenheit für das Leben, Veränderung, Prozesse, Rhythmen, und das Selbst als Fluss“ (ebd. S.79).
Das Modell der homöostatischen hierarchischen Integration ist kein inhalts- oder objektbezogenes Werkzeug zur Bestimmung von Entwicklung. Es ist in erster Linie ein Maß für die hierarchische Komplexität und Integration, die sich durch das zeigt, was wir das thematisch-rhematische Feld eines Textes nennen: die Anzahl der Subjekt-, Prädikat-, Objektmodifikationen unabhängig von den verwendeten Objekten oder Konzepten – die Unterscheidung innerhalb dieses Feldes funktioniert natürlicherweise aber nur über ein symbolisch-syntaktisches Feld, das auf Wörtern, also Objekten und Inhalten oder Kategorien basiert, die interpretiert werden müssen. Allerdings geht es auch bezüglich der symbolischen Bedeutung weniger um die Wörter selbst, sondern deren Relation zueinander, wie etwa ob sie nach bestem Wissen um den kulturellen Hintergrund der Wortbedeutung als Gegensätze oder Komplemente gelesen werden können.
Um den Gedanken, dass Entwicklungshöhe relativ Objektunabhängig Selbstausdruck finden kann verdeutlichen, schauen wir uns vier Schriften von Personen an, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus der 4.2 Autologischen Stufe schreiben, und vergleichen sie. Man kann darin leicht sehen, wie ein Fokus entweder auf Objekte, Konzepte oder Zustände zu einem signifikanten Unterschied in der Beurteilung der Äußerungen führen kann. Sogar bis zu dem Grad, dass man denken könnte, dass unterschiedliche Entwicklungsstufen zum Ausdruck kommen.
Terri O`Fallons (2012, S.102) Sprachbild deutet etwa Objekte mithilfe einer Wortwahl hin, die den Geist wie eine Erweiterung des Körpers und seines sinnlichen Seins – einer Erfahrung – erscheinen lässt, wenn sie schreibt:
„[Erste Komponente Die Ausdehnung [des Bewusstseins] bewegt sich über die individuelle Erfahrung, zu einer kollektiven Erfahrung, zu einer kontextuellen Erfahrung, zu einer Erfahrung des Kosmos als Ganzes,] [Zweite Komponente und tritt aus dieser lediglich heraus, um festzustellen,] [Dritte Komponente dass das Gefäß, das diese Weite hält] [Vierte Komponente nichts anderes ist als eine Welt des Geistes, der Unterscheidungen trifft]”.
Ervin Laszlos (2002, S.60) Sprachgebrauch in Systemtheorie als Weltanschauung umfasst dahingegen eher Objekte, die man als konkret bezeichnen könnte, solche die im Rahmen des Lebens entstehen und Essenzen und Prozesse des Universums sind. Man kann das sehen, wenn er sagt:
„[Erste Komponente Das menschliche Wesen ist ein Bauteil innerhalb einer Multiebenen-Struktur,] [Zweite Komponente die auf der Erde als ein Resultat der Neigung der Natur entstand,] [Dritte Komponente an einem Ort etwas aufzubauen,] [Vierte Komponente was sie an einem anderen Ort abbaut]“ (Laszlo 2002, S.60).
Auf ungefähr derselben Entwicklungshöhe schreibt Sri Aurobindo (2006) in Die Synthese des Yoga über die Resultate der Befreiung aus dem begrenzten Selbst. Dabei verwendet er eine Sprache, die am ehesten als ein Ausdruck von Geist und der Bedeutung ist, die dieser erzeugt, während auf die konkrete Welt und den Menschen als Illusionen heruntergeblickt wird. Er sagt, dass
„[Erste Komponente Wir neigen dazu diese Ewigkeit, die wir zunehmend sind oder in der wir leben, als die einzige Wirklichkeit zu betrachten,] [Zweite Komponente und beginnen von dort herab auf die Welt und den Menschen als ferne Illusion und unwirklich zu blicken,] [Dritte Komponente weil dies ein Zustand ist, der recht Gegensätzlich zu unserem neuen Fundament ist] [Vierte Komponente und nichts mehr worin wir die Wurzeln unseres Bewusstseins halten, aus dem wir herausgehoben und verwandelt wurden und mit dem wir nicht mehr länger verbunden zu sein scheinen]“ (Aurobindo 2006, S.368).
Schließlich können wir noch Adi Da Samraj (2009, S.867) heranziehen, der, wenn er über seine göttliche Selbstenthüllung als Avatar unterrichtet, auf eine reine Transzendenz referenziert und entsprechend eine Sprachmerkmale verwendet, die eine Erfahrung als Selbstidentität mit Bewusstsein selbst betonen:
„[Erste Komponente Um den wirklichen akausalen Gott zu realisieren – die Selbst-Natur, Selbst-Bedingung, und den Selbst-Zustand der Wirklichkeit selbst,] [Zweite Komponente musst du ins Jenseits aller Selbst-Kontraktions-Strukturen des psychophysischen Egos gehen,] [Dritte Komponente durch eine selbst-transzendierende Hingabe an mich,] [Vierte Komponente demonstriert durch rechtes Leben oder Selbst-Disziplin, die auf den andernfalls Strukturierten egoischen Körper-Geist-Komplex angewandt wird]“.
Dieser letzte Satz von Adi Da zeigt eine ähnliche Formulierung wie die Satzergänzung von Lynam und Hennelly (2020), in der die Welt „ihre Liebe zu sich selbst“ ausdrückt – was in diesem Fall höchstwahrscheinlich Ausdruck einer zustandsmäßigen Erkenntnis einer transpersonalen Selbstnatur ist. Im Allgemeinen können diese Aspekte der reinen Viertheit oder der Annäherung an den absoluten Geist selbst, als seine Selbstoffenbarung, auf jeder früheren Stufe vorhanden sein. Allerdings ausgedrückt als Zustand, etwa innerhalb einer triadischen Grammatik der Drittheit und nicht innerhalb eines Satzes, der vier Themen enthält, eine für jede vom Subjekt bereits durchlebte und gemeisterte Bewusstseinsschicht. Auch enthält keiner der Sätze zwingend Objekte, die notwendig sind, um in eine der unitären Kategorien von Susanne Cook-Greuter (2010) zu fallen, aber Adi Da oder Aurobindo könnten sehr wohl in die von ihr herausgearbeitet Substanz des Konstrukt-Bewusstseins passen, eine Stufe, die „ein breites Spektrum von Gedanken mit dem Selbst als Referenzpunkt einschließlich [der Objekte] komplexer Beziehungen und tiefer Einsichten in das eigene psychologische Funktionieren und das der anderen über mehrere Ebenen hinweg“ (Cook-Greuter 2010, S.74) verwendet.
Zudem unterstützen die Beispiele weiter, was Cook-Greuter, Wilber und Scharma (2017, S.2) gegen eine frühere Version des STAGES-Modells vorbrachten, nämlich dass „Individuen auf jeder Stufe jeden der Quadranten als Basis bevorzugen können, von der aus sie die Realität beobachten“. Zumindest kann man sehen, dass Ervin Laszlo in integralen Begriffen eher eine untere rechte Systemsicht priorisiert, während Adi Da es vorzieht, aus einer inneren individuellen Haltung zu schauen und ein „Du“ anzusprechen, während Sri Aurobindo ein „Wir“ adressiert, wenn er von unseren gemeinsamen Wurzeln des Bewusstseins spricht, was eher auf einen unteren linken intersubjektiven Wahrnehmungsfokus hinweisen könnte.
Natürlich sind einzelne Sätze nicht repräsentativ für den gesamten Umfang der Objekt- und Begriffsbeziehungen einer Person, aber sie können Tendenzen aufzeigen und zeigen, wie Objekte aus allen vier Schichten von Körper, Leben, Selbst und Geist auf jeder Stufe referenziert werden können und als Quelle der eigenen Identität dienen und damit als Grundlage für den eigenen reflexiven Fokus. Je später die Stufe, desto größer ist der Bewegungsraum innerhalb des eigenen bio-psycho-sozialen und spirituellen Stufen- und Zustandsspektrums. Die Orte, von denen aus wir bewusst und mit verbalem Selbstausdruck unsere Identität als selbstgewähltes Geheimnis und dessen Offenbarung gestalten und dies durch eine präferierte Qualität unseres Geistes, unserer Seele, unserer Essenz und unseres Seins nehmen schrittweise zu. Sri Aurobindo (2005, S.294) in Das Supramentale, das Mentale und die Übermentale Maya deutet auf diese Form der Autonomie, die mit der 4.3 Kosmotheantrischen Stufe erstmals respektiert werden kann hin, wenn er unter anderem schreibt, dass „innerhalb des Übermental jede der drei Bedingungen [– Körper, Leben und Selbst –], als eine getrennte Handlung oder das Fundament für Handlungen, ihr eigenes Prinzip der Entwicklung und eigene Konsequenzen haben und zugleich behält sich jede Bedingung vor, mit den anderen in eine verbundenere Harmonie zu treten“. Kosmotheantrisch meint diese Fähigkeit, des in uns selbstgewordenen Kosmos, unsere drei früheren Ordnungen und das Spiel der Gegensätze, die wir aus dem Nichts, dem großen Geheimnis, der Unsichtbarkeit der Einheit ohne jede Unterschiedenheit, herausgearbeitet haben, zusammenzubringen und das „Übermental gibt der einen Existenz-Bewusstseins-Glückseligkeit den Charakter eines strömenden Regens unendlicher Möglichkeiten, die in eine Vielfalt von Welten entwickelt werden können“ (Aurobindo 2005, S.295).
Jedoch neigt jede vorherige Stufe ab der 3.3 Integrativen, das heißt, der des autonomen Menschen, dazu, auf Basis von priorisierten Konzepten und Interpretationen, etwa dessen was Einheit ist, zu vergleichen – als eine Wiederholung des 3.2 Gewissenhaften oder Orangen Themas der Verwendung der 2.3 Regel-Orientierten Konkreten Operationen als Vergleichsgrundlage (von Verhalten auf innere Eigenschaften wie Intelligenz, von konkreten Kennzahlen auf Erfolg von Unternehmen usw.). Entsprechend entsteht und erhält sich gelegentlich eine Ideologie, die sich entlang des Bewusstseinsspektrums bis hinauf in die 4.2 Autologische Stufe dehnt, wo sie in ihrer Radikalität kulminieren kann, während die Vergleiche leise und unsichtbar für die früheren Stufen, in den Bewusstseinsgrund einsickernd, Gedankenfreiheit unterminieren. Von dort kann im Extrem die All-Einheit in der Unendlichkeit des Regenschauers durch ein einziges „Göttlichkeitsbewusstsein“ von Körper, Leben und Selbst, als das eine Wahre Bewusstsein gefordert werden, so maskiert dieses Verlangen auch erscheint. Eine Totalisierung, die eine Fragmentierung und Zersplitterung von Bewusstsein An-sich bewirkt, während das irregeleitete Für-sich-sein als Selbst-Wahn-Autologie einen Tropfen des ganzes Schauers der göttlichen Wonne als Wahrheit aller einsacken lassen will.
Ungeachtet dessen ist auch dieser Irrglaube gleichermaßen aus dem reinen Nichts das unser Geheimnis ist geschaffen, durch dasjenige, das sich durch die Schichten von Körper, Leben, Selbst und Geist hindurch zu fließenden, sich ständig verändernden Strukturen kristallisiert, die das individuelle und kollektive Potential dessen sind, was eine Stufe an einem bestimmten Ort in Zeit und Raum sein, sowie dasjenige, was sie in unserer zwischenmenschlichen transzendentalen Apperzeption hervorbringen könnte. Sie existieren als Verdichtungen reiner Ananda innerhalb dieser Quelle von reinem sprudelndem Nichts, ohne Rücksicht auf irgendeine Hierarchie zwischen den Objekten dieser Schichten, sondern als reine Transitivität dieser Nichtsheit, die sich als das zunehmend bewusste Sein erscheinen und als die Glückseligkeit dieser ungesehen gezeichneten Bahnen und Konstruktionen in und aus sich selbst.
Ein Feld, auf das man hinweist, und welches diese Objekte miteinschließt, sowie ein lexikalisch-begriffliches Feld von kulturell konditionierten Konzepten sind daher für eine Beurteilung mit dem Modell der homöostatischen hierarchischen Integration nur sekundär und dienen – soweit dies möglich ist – dazu, die Angemessenheit und Fülle der Selbstoffenbarung einer Persönlichkeit in Bezug auf den Zeitgeist eines aktuellen Diskurses auf einer bestimmten Höhe des Bewusstseins zu beurteilen.
Quellen:
- Angerer, R. (2020). Luhmann`s Life Work and Tier Patterns: The Analysis of Differences and Contingent Patterns. Integral Review, 16(1). Retrieved from https://integral-review.org/tag/nicholas-luhmann/
- Aurobindo, S. (2003). Isha Upanishad. Pondicherry, India: Sri Aurobindo Ashram Trust.
- Aurobindo, S. (2005). The life Divine. Pondicherry, India: Sri Aurobindo Ashram Trust.
- Aurobindo, S. (2006). The Synthesis of Yoga. Pondicherry, India: Sri Aurobindo Ashram Trust.
- Aurobindo, S. (2012). Letters on Yoga I. Pondicherry, India: Sri Aurobindo Ashram Trust.
- Cook-Greuter, S. (2010). Post-autonomous Ego Development: A Study of Its Nature and Measurement – Based on a dissertation presented to the Faculty of the Harvard University Graduate School of Education. N.P.: Integral Publishers
- Cook-Greuter, S. (2011). Item 16: I Feel Sorry. From Certification Training 2011
- Cook-Greuter, S., Wilber, K., & Sharma, B. (2017). Integral Theory Making and the Need for Empirical Rigor: Observations from the Field of Adult Development – A Letter to the Integral Community. Integral Leadership Review, 17(2). Retrieved from http://integralleadershipreview.com/15583-integral-theory-making-and-the-need-for-empirical-rigor-observations-from-the-field-of-adult-development/
- Graves, C. W. (2006). The Neverending Quest. Santa Barbara, CA: ECLET Publishing.
- Habermas, J. (1991). Erläuterungen zur Diskursethik. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.
- Kant, I. (2013). Kritik der praktischen Vernunft. Berlin: Michael Holzinger.
- Kohlberg, L. (1976). Zusammenhänge zwischen der Moralentwicklung in der Kindheit und im Erwachsenenalter – neu interpretiert [Continuities in Childhood and Adult Moral Development Revisited]. In W. Althof, G. Noam & F. Oser (Eds.), Lawrence Kohlberg: Die Psychologie der Moralentwicklung (S.91-121). Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.
- Laszlo, E. (2002). The Systems View of the World. Cresskill, NJ: Hampton Press, Inc.
- Loevinger, J., Wessler, R., & Redmore, C. D. (1970). Measuring ego development: Vol. 2. Scoring manual for women and girls. San Francisco: Jossey-Bass
- Lynam, A., & and Hennelly, L. (2020). Transformative Climate Advocacy: Engaging the Personal & the Political Session 2.
- O`Fallon, T. (2010). The Evolution of the Human Soul. Masters Thesis, Lorian Center for Incarnational, Masters in Spiritual Direction. Retrieved from http://www.terriofallon.com/wpcontent/uploads/2015/08/The-Evolution-Of-The-Human-Soul-10.pdf
- O`Fallon, T. (2012). Development and Consciousness: Growing up is Waking up. Spanda Journal, 3(1), pp. 97-102. Retrieved from: https://spanda.org/assets/docs/spanda-journal-III,1-2012.pdf
- O`Fallon, T., Polissar, N., Neradilek, M. B., & Murray, T. (2020). The Validation of a Novel Method for Assessing Developmental Stages of Meaning-Making Across the Life Span. Heliyon, 6(3). https://doi.org/10.1016/j.heliyon.2020.e03472
- Rawls, J. (1971). A Theory of Justice – Revised Edition. Cambridge Massachusetts: Harvard University Press
- Samraj, A. D. (2009). The Aletheon. Middletown, CA: Dawn Horse Press.
- Wilber, K. (2017). The Religion of Tomorrow. Boulder, CA: Shambala.